Wo soll das nur hinführen?
«Wo soll das nur hinführen?» fragt sie ihn.
«Was meinst du denn?» Monique hat ihn aus seinem Buch gerissen. Er liest einen italienischen Krimi von Paolo Roversi in welchem Enrico Radeschi [ein bloggender Journalist im Mailand der frühen 2000er Jahre] mit seinen Recherchen mithilft verschiedene Mordfälle zu lösen. Der junge Journalist erinnert ihn stark an sein jüngeres Ich – ein neugieriger Weltverbesserer. Was ist nur passiert?
Sebastien ist mittlerweile siebenundsechzig und seit einigen Jahren pensioniert.
Er wiederholt seine Frage, «was meinst du meine Liebe?»
Monique, seine Tochter, wird dieses Jahr sechsundzwanzig Jahre alt. Jung und regimekritisch sieht sie die Welt ein wenig anders als er, einiges aussichtsloser. Er ahnt auf was sie hinausgehen wird...
«Wie kann man nur so viel Geld in einen Markt pumpen um potentielle Börsenverluste der reichsten 1% zu verhindern? Wo war all das Geld als es um die universelle Krankenversicherung oder die internationale Flüchtlingshilfe ging?»
Monique ist ausser sich. Geht es um Krieg oder Verluste der Superreichen, dann werden Berge versetzt und Unmögliches wahr gemacht. Aber Schulden von Studenten der Mittelschicht erlassen? Universelle Krankenversicherung? Sozialleistungen für Hilfsbedürftige? Nein, das kostet zu viel. Doch für Kriege und zum Verhindern von [ohnehin längst überfälligen] Wirtschaftskrisen zücken die Nationalbanken weltweit das grosse [unbegrenzte] Portemonnaie.
«Die Welt ist einfach ungerecht! Wie können wir Menschen das nur einfach so hinnehmen?!» Monique schaut ihren Vater erwartungsvoll an und hofft auf eine erleuchtende Antwort.
Die Erweiterung der Bilanz der Federal Reserve Bank der letzten Wochen stellt die Wirtschaftskrise von 2008 und alle anderen, auch die grosse Depression der 1930er Jahre in den Schatten. Und es ist kein Ende in Sicht. Momentane Bilanz, 5 Billionen USD. Die prognostizierte Bilanz für Ende Jahr 2020 wird momentan auf bis zu 10 Billionen USD geschätzt. Es handelt sich aktuell um einen «Point of no return», es wird wirklich alles unternommen und versucht um die weltweite Wirtschaft zu stabilisieren.
In den letzten zwei Monaten ist die Bilanz des FED um 2.5 Billionen USD gewachsen. Das sind 2'500 Milliarden USD. Unvorstellbar viel Geld.
«Papa, warum sagst du nichts?»
Was sollte er ihr schon sagen, spätestens seit dem Nixon Schock von 1971 sind die Gelddruckmaschinen weltweit in vollem Gange. Wie soll man jemanden die US-Staatsschulden von bald 24 Billionen USD erklären? Tendenz steigend, Monique hat vollkommen recht: wo soll das nur hinführen?
«Du hast Recht mein Schatz, doch leben wir hier in der Schweiz. Wir können nur mit gutem Beispiel vorangehen. Meinst du nicht?»
«Und wie erklärst du dir, dass wir Schweizer die weltweit höchste Privatverschuldung pro Kopf haben?» erwidert Monique und bleibt hartnäckig.
«Naja, ein Schweizer wird ja wohl noch ein schönes Einfamilienhaus mit Garten bauen dürfen, koste es was es wolle!» antwortet Sebastien ironisch.
Er hat keine Antworten, kann ihr die weltweite Geldpolitik weder erklären noch selbst nachvollziehen.
«Es scheint mir, als ob dieses Finanzsystem ausser Kontrolle zu geraten scheint. Früher oder später.», denkt er laut vor sich hin.
«Kannst du jetzt verstehen, weshalb meine Freunde und ich in Bitcoin investieren? Fragt Monique neugierig.
Hard money, wie Gold, nur digital. 21 Millionen bitcoins für 8 Milliarden Menschen, nicht mehr und womöglich gar weniger, wenn man die verlorenen bitcoins in Betracht zieht.
«So ein Quatsch, Internet-Spielgeld ist das!»
Hier spalten sich wohl die Generationsgeister. Er will und muss sich mit diesem neuen Kram nicht beschäftigen, doch versteht er, tief in seinem Inneren trotzdem, dass die junge Generation nach Alternativen zur verhältnis- und wohl aussichtslosen Fiskalpolitik der letzten 50 Jahre sucht. /boy1nabe