Die Strassen sind leer
Das Jahr 2019 war geprägt von Revolten, Grossdemonstrationen und Aufständen gegen Regierungen und die herrschende Elite. Doch die Corona-Krise hat all dem ein abruptes [vorläufiges] Ende gesetzt.
Rund um die Welt waren Menschen auf den Strassen um für bessere Lebensumstände, mehr Sozialstaat, Gerechtigkeit, bessere Gesundheitssysteme et cetera zu kämpfen. Weltweit demonstrierten Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für das Klima, respektive den Schutz unseres Planeten. Millionen von Menschen rebellierten zeitgleich global gegen Korruption und Unterdrückung.
Sudan, Bolivien, Frankreich, Chile, Hongkong, Libanon, Irak oder Algerien.
Was hat sich verändert?
Weltweite Versammlungs- und Ausgehverbote verunmöglichen Proteste und Demonstrationen. Dazu kommt, dass viele Menschen heute wohl ohnehin zu viel Angst vor einer möglichen Ansteckung hätten, um überhaupt auf die Idee zu kommen, an einer Demonstration teilzunehmen oder gar eine zu organisieren.
COVID-19 hat die Revolten verstummt, die Strassen geleert und den Menschen einen neuen «Feind» illustriert. Der Virus ist unser aller gemeinsamer neuer «Feind». Richtig?
Die Missgunst gegenüber Regierungen und Elite scheint vorerst vergessen oder an Priorität verloren zu haben. Die Gesundheit der Familie und Freunden ist aktuell wichtiger und lenkt ab vor strukturellen Ungerechtigkeiten und Unterdrückung.
Doch wie geht es weiter?
Die aktuelle Krise rückt diverse Problematiken ins Gespräch. Seien es seit Jahren bestehende Risiken wie die dahinschrumpfenden Gelder für Gesundheitsinstitutionen, Fake-News, die Globalisierung, inkompetente [rassistische und narzisstische] C-Promis die durch nicht erklärbare Art und Weise in Ämtern wie das des US-Präsidenten landeten oder aber neuaufkommende und in Zeiten der Krise einfach so akzeptierte Regierungspraktiken wie flächendeckende GPS-Überwachung von Bürgern, [scheinbar] endloses Gelddrucken, multimilliarden Bailouts für internationale Unternehmen, ein Bargeldverbot oder Menschenrechtsverletzungen von Flüchtlingen in Griechenland.
Eigentlich gäbe es genug Gründe, um auch nach der Krise auf die Strasse zu gehen. Jetzt erst recht?
Vielleicht auch schon früher?
Denke ich an die aktuellen [und kommenden] wirtschaftlichen Umstände in Ländern wie Italien, Spanien oder den USA [geschweige denn in anderen Ländern in Südamerika oder Afrika], dann scheint es mir nicht unwahrscheinlich, dass viele Menschen schon vorher auf die Strassen gehen werden wollen.
Millionen haben ihren Job verloren, oft Menschen die schon zuvor in schwierigen finanziellen Situationen lebten. Wie lange bis diese Menschen um ihr Überleben zu «kämpfen» beginnen?
Waffenläden in den USA erleben einen riesigen Ansturm, viele sind schon ausverkauft.
In Italien werden teils Supermärkte polizeilich geschützt da es vermehrt zu Übergriffen kam, wenn die Arbeitslosenquote so bleibt oder weiter steigt, wird sich dies noch verschlimmern.
Aktuelle Schlagzeilen. Wir schreiben das Jahr 2020. Wie wird dieses Jahr wohl in die Geschichte eingehen?
Die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Krise sind [noch] schwer einzuschätzen, doch müssen wir mit erheblichen wirtschaftlichen Einbussen rechnen. Weltweit herrscht Stillstand, die Produktion ist weitgehend eingestellt. Die weltweite Wirtschaft wird getestet, wie gut geht es ihr wirklich?
Dazu kommen die politischen und gesellschaftlichen Folgen [der Krise]. In der Vergangenheit hat man oft von der Ära nach 9/11 gesprochen, wird diese nun durch die Ära nach COVID-19 abgelöst? 9/11 wird von vielen Politikwissenschaftlern und Journalisten als Start des Kriegs gegen den Terror und der koordinierten weltweiten Massenüberwachung im Internet beschrieben.
COVID-19 wird in die Geschichte eingehen, doch in welchem Ausmass? Der Virus ist das Eine, die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Folgen das Andere.
In den letzten Jahren konnte ich die Unzufriedenheit vieler Menschen regelrecht spüren. Die zahlreichen Demonstrationen und Aufstände weltweit sprachen Bände, viele wollen Veränderung. Hat sich dies innerhalb nur eines Jahres verändert? Ich wage es zu bezweifeln.
Ich persönlich denke, dass die wirtschaftlichen Folgen die weltweite Unzufriedenheit der Mittel- und Unterschicht noch weiter verstärken wird. Die Unzufriedenheit ist natürlich [und leider] eine direkte Folge der Verschlechterung der Lebensumstände.
Aktuelle Zahlen zeigen, dass der wirtschaftliche Abschwung durch COVID-19 die Folgen der Wirtschaftskrise von 2008 wohl [bei weitem] übertreffen werden. Was wenn uns eine mehrjährige Rezession bevorsteht?
Die Strassen waren schon vor der Krise voll mit unzufriedenen Menschen.
Echte Veränderung geschieht von unten nach oben. /boy1nabe